In den letzten drei Jahren habe ich mich verstärkt mit Fragen der Organisationsentwicklung beschäftigt. Vor allem damit, wie Arbeitgeber (und Arbeitnehmer) in dieser sich massiv wandelnden Arbeitswelt erfolgreich bleiben können. Arbeit 4.0 kann nicht mit den Methoden von Arbeit 3.0 – 2.0 – 1.0 gestaltet werden.

Bei meiner Beschäftigung mit dem Thema bin natürlich auch über Laloux gestolpert. Und in diesem Blogbeitrag möchte ich einerseits einige Ansätze von Laloux zusammenfassen und andererseits mit Beispielen aus meiner Beraterpraxis belegen:

Die Menschheit, also auch wir – entwickeln uns in Sprüngen und nicht kontinuierlich weiter. In jedem Sprung verändert sich alles, denn jede Stufe brachte jede Menge Durchbrüche.

Unsere Arbeitswelt steht wieder kurz vor einem neuen Sprung und wir sind dabei ein neues Managementparadigma zu erfinden. Wir MÜSSEN neue Formen von Kooperation und Führung entwickeln – NEW Work lässt sich nicht mit Methoden des OLD Work bewerkstelligen. Deswegen geht es in diesem Blogbeitrag um den Wandel der Arbeitswelt und „New Work“.

Wie sich unsere Gesellschaft und Organisationen entwickelt haben (eine Zusammenfassung auf der Basis von Laloux)

Impulsive Organisationen

Eine impulsive Organisation ist wie ein Wolfsrudel: Der Zusammenhalt in der Organisation wird durch Loyalität und Angst vor dem Chef garantiert, und so die Gefolgsleute auf Linie gehalten.

Sobald der Chef eine Schwäche zeigt, zu gierig ist oder seine Pflichten vernachlässigt, kann es zu einem Sturz des Chefs kommen. Hierdurch sind impulsive Organisationen sehr instabil.

In dieser Entwicklungsstufe wurden benennt Laloux zwei wichtige Durchbrüche:

  1. Die Arbeitsteilung
  2. Und die Top-Down-Autorität

Die traditionelle konformistische und die moderne leistungsorientierte Weltansicht

Die traditionelle konformistische Weltansicht

Diese Weltansicht verfügt über eine klare Rangordnung, die wie eine hierarchische Pyramide aufgebaut ist. Ich habe dir eine klassische, hierarchische Pyramide einmal am Beispiel des Militärs (auf dem unsere heutigen Hierarchien vom Aufbau her ja beruhen) aufgezeigt:

hierarchische Pyramide am Beispiel des Militärs

Für die Menschen, die unter dieser Weltansicht lebten, brachte dies Stabilität und Sicherheit: jeder weiß was von seiner Rolle erwartet wird. Durch die stabilen Prozesse und Rituale wurde das Leben für alle vorhersehbarer.

Aus dieser traditionellen konformistischen Weltansicht kamen laut Laloux zwei wichtige Durchbrüche zustande:

  1. Wiederholbare Prozesse: Prozesse sind etabliert und stabil. So hängt wichtiges Wissen nicht mehr nur von einer bestimmten Person ab, sondern das Wissen ist in die Organisation eingebettet. Durch das eingebettete Wissen ist aber auch jeder ersetzbar und die Organisation arbeitet nahtlos weiter.
  1. Stabiles Organigramm: Es gibt formelle Stellenbezeichnungen, Stellenbeschreibungen und Reporting-Linien. So geschieht das Denken an der Spitze der Organisation, aber die Ausführung erfolgt auf allen Ebenen, in der sich alle Menschen mit ihrer Rolle identifizieren.

Auch heute finden wir noch Organisationen, die diese Weltansicht teilen:

  • Schulen und Universitäten
  • Armeen
  • Religiöse Institutionen
  • Und manchmal finde ich diese Sichtweise auch noch in Unternehmen vor.

Alle dieser Organisationen haben eine Gemeinsamkeit: Sie denken, dass es nur einen richtigen Weg gibt. Der Umkehrschluss davon ist jedoch auch, dass es diesen Organisationen unheimlich schwer fällt, Veränderungen der Welt zu akzeptieren und sich als Organisation anzupassen und zu verändern. Informationsflüsse und Informationsaustausch ist schwierig, Innovationen fallen oft nicht leicht.

Die moderne leistungsorientierte Weltansicht

Organisationen werden in dieser Weltansicht als Maschinen angesehen. Doch auch hier wurden laut Laloux drei große Durchbrüche erzielt:

  1. Innovation: Wer ständig an Innovationen arbeitet und sie optimiert, wird schneller sein als die Konkurrenz, d.h. Marktanteile und Gewinne können gesteigert werden. Aus diesem Grund werden Abteilungen, wie die Forschung und Entwicklung oder das Marketing gebildet.
  1. Verlässlichkeit: Durch die Intelligenz und Kreativität vieler Köpfe in einer Organisation gibt es einen Wettbewerbsvorteil. „Management by Objectives“ ist das Credo: das leidende Management formuliert die Unternehmensziele, diese Ziele werden dann auf die unteren Ebenen herunter gebrochen. Mitarbeiter verfügen so über eine gewisse Freiheit, damit sie den besten Weg finden können, wie sie das Ziel erreichen. Wichtige Praktiken, die diesem Durchbruch dienen sind beispielsweise strategische Planungen, Jahresbudget, Prämiensysteme, Mitarbeiter-Jahresgespräche usw.
  1. Leistungsprinzip: Jeder kann die Leiter hinaufsteigen, der oder die Klügste soll die Gruppe anführen. Der Wechsel der Arbeitsstelle ist für viele die Norm, denn eine lebenslange Beschäftigung einer Person in einem Unternehmen oder auf einer Position wird nicht mehr als ideal gesehen. Personalplanung, Talentmanagement helfen bei diesem Durchbruch.

Allerdings hat die moderne, leistungsorientierte Weltansicht auch einen großen Schatten: Die ungezügelte Innovation. Wir sind an einem Punkt angekommen, wo wir das Wachstum nur um des Wachstumswillen vorantreiben.

Dadurch, dass ein erfolgreiches Leben ausschließlich mit dem Erreichen der Spitze assoziiert wird, fehlt für viele die Sinnhaftigkeit ihres Tuns und sie empfinden ein Gefühl der Leere.

Als Organisationsentwicklerin ist das nicht das einzige Problem: eine hohe Zielbindung und Identifikation mit den Zielen ist oftmals nicht gegeben. Natürlich werden Unternehmensziele als S.M.A.R.T.e.-Ziele formuliert und auf alle Hierarchieebenen heruntergebrochen – aber Hand auf’s Herz: wie viele der Beschäftigten verfolgen diese Ziele wirklich intrinsisch motiviert?

Die postmoderne pluralistische Weltansicht

Über diesen Schatten der leistungsorientierten Weltansicht sind sich die Menschen zunehmend mehr bewusst, sie streben nach Zugehörigkeit, einer engen harmonischen Bindung und ähnlichen Werten. Sie wünschen sich, dass jede Stimme wirklich gehört wird. Und gerade für die jungen Generationen ist es wichtig, den Sinn der eigenen Arbeit zu sehen: was ist mein Beitrag zu großen Ganzen?

Organisationen werden als eine Art „Familie“ angesehen: Führungskräfte bezeichnen ihre Organisation immer wieder als Familie oder Gemeinschaft, in der jeder einzelne seinen eigenen Platz hat. Kollegen in solchen Organisationen kümmern sich umeinander, und das persönliche Glück und die Zufriedenheit jedes Mitarbeitenden sind für den Erfolg wichtig.

Auch hier wurden laut Laloux drei wichtige Durchbrüche erzielt:

  1. Empowernment
  2. Werteorientierte Kultur
  3. Integration verschiedener Interessengruppen: Unternehmen haben nicht mehr nur die Verantwortung gegenüber Investoren, sondern auch gegenüber Mitarbeitenden, den Kunden, den Zulieferern, etc.. All diese Interessen müssen von dem Unternehmen in Einklang gebracht werden.

In der postmodernen pluralistischen Weltansicht gibt es jedoch einen inneren Widerspruch: Alle Mitarbeitende sollen gleich behandelt werden, selbstorganisierte Teams etc. sind wichtige Bestandteile –  aber dennoch wird die hierarchische Pyramidenstruktur der modernen Organisationen beibehalten. Das hat zum Teil natürlich einfach auch etwas mit unserem Gesellschaftsrecht zu tun – zum Teil fehlen (oder es fehlt das Wissen darüber) auch noch die Tools um den Übergang in diese Stufe für die verschiedensten Unternehmen und Organisationen zu gestalten.

Die integrale evolutionäre Weltansicht

Diese Weltansicht entwickelt sich gerade erst, weswegen auch Laloux kaum etwas dazu sagen kann, welche Durchbrüche hier erzielt werden und wie sie sich auf unsere Welt auswirken.

Zusammenfassung

Alle Unternehmen und Organisationen stehen gerade vor der Herausforderung der digitalen Transformation und damit einhergeht auch der Bedarf einer organisationalen Transformation.

Berater, die Unternehmen auf diesem Weg unterstützen, benötigen neben einer hohen Analysekompetenz (auf welcher evolutionären Stufe befindet sich das Unternehmen, welche Rahmenbedingungen aus Branche, Standort etc. beeinflussen das Unternehmen, welche Unternehmenskultur prägt das Verhalten?) ein hohes Maß an Methodenkompetenz und Sozialkompetenz, um mit dem Unternehmen einen individuell passenden Weg zu konzipieren und zu beschreiten.

Übersicht zum Wandel der Organisationen in Anlehnung an Laloux.
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