Zuhören!

Hand aufs Herz: Hören Sie Ihrem Kollegen / Ihrer Kollegin, Ihrem Chef / Ihrer Chefin wirklich immer mit voller Aufmerksamkeit zu?

Wahrscheinlich nicht. Die meisten von uns – und da schließe ich mich ein – hören oft gewohnheitsmäßig zu. Otto Scharmer (Dt. Professor am MIT in Boston, Begründer des Presencing Institutes und der Theorie U) nennt das „Downloading“: Ich höre nur das, was ich schon immer gehört habe. Schreibe in Gedanken meine Einkaufsliste. Schalte ab und denke … „schon wieder xyz“.

Teams, die einander überwiegend auf der Stufe des Downloadings zu hören, haben wenig Potential für Innovation.

Die zweite Stufe des Zuhörens ist das faktenbasierte Zuhören. Hier nehme ich Unterschiede zwischen der Position meines Gegenübers und meiner eigenen Meinung war.

Auf der dritten Stufe höre ich emphatisch zu. Ich bin mit meiner Aufmerksamkeit ganz bei meinem Gegenüber. Ich muss nicht dergleichen Meinung sein – aber ich bin offen und präsent. Jetzt ist es möglich, miteinander in einen kreativen Fluss zu kommen und gemeinsam Neues zu entwickeln.

Detaillierter beschrieben habe ich diese Stufen in meinem Blogbeitrag von Juli 2020.

Wie kann ich diese Erkenntnisse über das Zuhören als Kernkompetenz für Teams, Führung und Innovation jetzt nutzen und auf Gesprächssituationen in meinem Team übertragen?

Mit Blick auf Gesprächssituationen bedeuten die oben beschriebenen Stufen folgendes:

Stufe 1 – Downloading

Wir führen eine nette Unterhaltung, sprechen über Fußball und über das Wetter, über Projekte und Themen, die anstehen. Wir sprechen nicht wirklich über das, was uns innerlich beschäftigt. Risiken, die wir sehen – Chancen, die sich abzeichnen könnten. Unsere persönliche Befindlichkeit mit einem Thema. Wir bleiben an der Oberfläche.

Stufe 2: Debatte

Mit harten Worten legen wir Fakten dar oder antworten mit Fakten auf Fakten. Und schaffen es nicht, das gesamte Bild im Blick zu haben, das gesamte System mit all seinen Verbindungen und Wechselwirkungen zu sehen. Wir haben nur unsere Argumente im Blick und übersehen, die Möglichkeiten die gemeinsam geschaffen werden könnten.

Stufe 3: Dialog

Miteinander im Austausch sein. Ernsthaft am Thema und Input des anderen interessiert sein. Den eigenen Blickwinkel erweitern. Mehr sehen als meinen eigenen Bildausschnitt. Entwicklung möglich machen.

Stufe 4. Generatives Gespräch

Erst auf Stufe 4 ist gemeinsame Innovation möglich! Hier können wir in einen Ideenfluss kommen, co-kreativ Neues entstehen lassen.

Damit Gespräche auf der Stufe 3 oder 4 zustande kommen können, ist Zuhören der erste Schritt. Oder um es mit den Worten von Bill O’Brien – früherer CEO of Hanover Insureance – zu sagen: „The success of an intervention depends on the interior condition of the intervenor.

Wie kann ich meine Zuhör-Kompetenz und die meines Teams stärken? Hierzu stelle ich zwei Methoden vor:

1. Zuhören üben mit dem Empathy Walk

Zuhören kann ich üben. Zum Beispiel durch den Empathy Walk, also ein Spaziergang bei dem die beiden Beteiligten sich empathisch zu hören.

So geht’s:

2 Menschen nehmen sich mindestens 30 Minuten Zeit, um miteinander spazieren zu gehen. In den ersten 15 Minuten spricht eine Person, über das was ihr gerade durch den Kopf geht – themenbezogen oder allgemein. Die andere hört empathisch zu. Nach 15 Minuten wird gewechselt.

Empathisch zuhören bedeutet: mit voller Aufmerksamkeit bei dem sein, was der andere erzählt. Durch zugewandt sein und Körpersprache signalisieren „ich bin da – ich höre Dich“. KEIN Nachfragen, KEINE Diskussion, KEIN Kommentar.

Nachdem jeder Zeit hatte zu sprechen, bedanken sich die beiden gegenseitig und können eine kurze Reflektion anschließen.

2. Methode, um die Dialogfähigkeit im Team (und das Zuhören) zu stärken

Hier arbeite ich gerne mit einer „aktiv zuhörenden Runde“ (Bernd Oesterreich, Claudia Schröder). Durch aktiv zuhörende Runden wird die Kompetenz des Zuhörens geschärft, jedem Teilnehmer gleich viel Zeit für Input und Ideen eingeräumt und das Verständnis für die Sichtweisen der anderen geschärft. Langwierige Diskussionen werden so abgekürzt und alle wichtigen Argumente kommen Stück für Stück auf den Tisch. Es wird auch klar, welche Positionen oder Argumente von mehreren unterstützt werden und welche nicht. Und nicht zuletzt kann jeder im Verlauf einer aktiv zuhörenden Runde die eigene Sicht auf ein Thema erweitern.

So geht’s:

Das Team sitzt – wenn möglich – im Kreis. Gedanklich bilden wir 3er Gruppen – also jeweils A – B – und C.

Runde 1

B gibt Input zu einem bestimmten Thema. Zum Beispiel 2 Minuten lang.

Links von B (= C) hört aktiv zu, was B berichtet.

Rechts von B (= A) stoppt die Zeit.

Runde 2

C hat 1 Minuten Zeit, um die Hauptaussagen von B zu wiederholen.

A stoppt die Zeit und fragt B im Anschluss: „Hat C Dich richtig verstanden? Deine Sicht korrekt wiedergegeben?“

Die danach folgenden Runden:

Jetzt erzählt C (C der ersten Runde ist jetzt zum B geworden) 2 Minuten lang,

B (links neben dem neuen C) stoppt die Zeit.

Und derjenige, der links von C sitzt hört aktiv zu

Der Wechsel findet solange statt, bis jeder einmal in jeder Rolle war.

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